Office-Blog

Neuerung in Word 365 stellt Firmenfarben infrage

04.04.2023   Dieter Schiecke

Meist freue ich mich auf Neuerungen in Microsoft 365. Doch jetzt ist eine neue Option in der Betaversion von Word 365 aufgetaucht, die ich mit gemischten Gefühlen betrachte. Unter dem Motto »Inhalte werden besser lesbar gemacht« führt Microsoft eine Art Farbfilter ein.

Ankündigung der neuen Option Nur hoher Kontrast in Word 365 (Betakanal)

Ankündigung der neuen Option Nur hoher Kontrast in Word 365 (Betakanal)

Was die neue Option bewirkt

In den Farbdialogen von Word 365 gibt es jetzt ganz oben einen Schiebeschalter, der dafür sorgt, dass nur noch Farben angezeigt werden, die als ausreichend kontrastreich angesehen werden.

Der neue Schiebeschalter in den Farbdialogen

Der neue Schiebeschalter in den Farbdialogen

Wird die Option Nur hoher Kontrast aktiviert, hat dies folgende drei Auswirkungen:

1) In der Farbauswahl werden bei Designfarben alle Farbeinträge ausgeblendet, die als nicht kontrastreich genug bewertet werden. Das bewirkt z. B. in der Standard-Farbpalette namens »Office«, dass nun noch eine (!) von sechs Designfarben verfügbar ist. Aus der Farbpalette »Laufschrift« – ebenfalls von Microsoft – wird sogar Schwarz verbannt.

2) Unter Standardfarben werden ebenfalls mehrere Farbeinträge ausgeblendet. Nach welcher Logik das geschieht, erschließt sich zumindest mir nicht, denn je nach Farbschema ist Dunkelrot mal verfügbar und mal nicht.

3) Damit nicht genug: unter Zusätzliche Farben stehen den Anwendern plötzlich zwei Reihen von Farben zur Verfügung, die schön bunt sind, aber sicher nichts mit dem Corporate Design zu tun haben.

Links die normale Farbpalette Office, rechts die Farben, die nach Aktivieren von Nur hoher Kontrast angeboten werden

Links die normale Farbpalette Office, rechts die Farben, die nach Aktivieren von Nur hoher Kontrast angeboten werden

Was das Konzept von Microsoft vorsieht

»Unzugängliche Inhalte sind in der digitalen Welt allgegenwärtig. Nahezu 97 Prozent der Homepages im öffentlichen Internet enthalten Probleme wie fehlende Bildbeschreibungen, Videos ohne Untertitel und schwer lesbare Textfarben, die die Lesbarkeit und den Nutzen für Menschen mit Behinderungen einschränken.«
So beginnt der Blogbeitrag von einem der Vice-Presidents von Microsoft, in dem er einen Assistenten für Barrierefreiheit in Microsoft 365 ankündigt (hier der vollständige Text).

Ein Element dieses Assistenten soll die Option Nur hoher Kontrast werden, und zwar nicht nur in Word, sondern in allen Office-Anwendungen.

Was das für die Anwender bedeutet

  • Wer weiß, dass auch Sehbehinderte seine Dokumente lesen, wird diese Neuerung gern als nützliche Hilfe gern in Anspruch nehmen. Sie stellt sicher, dass nur kontraststarke und damit gut lesbare Farben zum Einsatz kommen.
  • Wer bereits mit dem aktuellen Konzept der zehn Designfarben und deren Schattierungen seine Mühe hat, wird durch die neue Option vermutlich zusätzlich irritiert. Denn gewohnte Farben verschwinden und dafür tauchen andere, völlig neue, auf. Da drängt sich z. B. die Frage auf, wie Diagramme farblich aussehen sollen.

Was das für Vorlagenersteller und Marketingverantwortliche bedeutet

  • Wer Vorlagen erstellt, kann jetzt besser argumentieren, dass bestimmte Farben nicht als Designfarbe geeignet sind, weil der Farbkontrast nicht ausreicht.
  • Ob das etwas nützt, ist die Frage. Denn die Entscheidung über die Farben einer Firma werden oft eher subjektiv von denen getroffen die das Sagen haben und nicht von denen, die fachlich dafür prädestiniert wären.
  • Immerhin lässt sich jetzt per Klick auf den neuen Schiebregler ganz einfach demonstrieren, welche Farben vom Microsoft-Algorithmus als nicht kontraststark verworfen werden.

Nur nebenbei: Mir erscheint der Algorithmus noch nicht perfekt zu sein, aber KI ist ja lernfähig.

Auf Marketingverantwortliche kommen mindestens diese Zusatzaufgaben zu:

  • Die eigenen Vorlagen und deren Firmenfarben müssen auf den Prüfstand.
  • Die Anwender brauchen eine Unterweisung, wie und wann sie den neuen Farbfilter nutzen sollen.

Ich kann die begeisterten Rufe aus den Marketingabteilungen schon hören (Ironie aus).

 

 

Über den Autor

Dieter Schiecke

- Zertifizierter Office-Trainer mit den Schwerpunkten Excel, PowerPoint und Word
- Chefredakteur von »PowerPoint aktuell«
- Projekterfahrener Berater beim Umstieg auf neue Office-Versionen
- Routinierter Dienstleister beim Einführen firmengerechter Office-Vorlagen
- Autor für Microsoft Press, dpunkt.verlag und das »Projekt Magazin«